Manchmal läuft es einfach nicht gut. Arbeitskollegen, Familienmitglieder oder Freunde verhalten sich nicht immer so, wie wir es von ihnen erwarten. Frust macht sich breit, wir ziehen uns genervt oder enttäuscht zurück. Meistens geht es dann beiden Seiten so. Denn unsere Zurückhaltung wird vom anderen wiederum als ungerechtfertigte Ablehnung interpretiert – daraufhin wird der Graben in der Beziehung noch tiefer. Was tun?
Der Prophet Hosea empfiehlt:
Säet Gerechtigkeit und erntet nach dem Maße der Liebe! Pflüget ein Neues, solange es Zeit ist, den HERRN zu suchen, bis er kommt und Gerechtigkeit über euch regnen lässt!
(Hosea 10,12)
Pflügt ein Neues kann hier so viel bedeuten wie: „Fang nochmal von vorne an, geh zurück auf Start.“ Klingt einfacher als getan – funktioniert aber manchmal tatsächlich. Ich habe gute Erfahrungen mit dem „Nochmal-neu-den-Raum-betreten-Trick“. Wenn mir eine Schulklasse die gute Laune verhagelt, gehe ich für einen Moment vor die Tür, schnaufe tief durch und betrete das Klassenzimmer neu – so, als ob wir uns an diesem Tag zum ersten Mal begegnen. Die Wirkung ist auf beiden Seiten erstaunlich – und der Knoten löst sich.
Natürlich kann man im Gespräch mit dem unzufriedenen Chef oder dem streitsüchtigen Nachbarn nicht plötzlich den Raum verlassen. Aber man kann versuchen, gedanklich nochmal einen Schritt zurück zu gehen. Worum geht es hier überhaupt? Was ist der sachliche Kern der Auseinandersetzung? Welches Problem können wir hier gemeinsam lösen?
Erntet nach dem Maß der Liebe – das erinnert mich daran, dass der andere auch nur ein Mensch ist, mit Fehlern, Grenzen und Bedürfnissen. Konflikte entstehen meistens dann, wenn Bedürfnisse nicht ausreichend respektiert werden. Fragen Sie nach: „Ich möchte besser verstehen, warum Ihnen dieser Punkt so wichtig ist. Warum ist es Ihnen wichtig, dass wir das genau so machen?“ Umgekehrt kann es hilfreich sein, wenn wir ganz offen sagen, was unsere Bedürfnisse bei diesem Thema sind.
Ein klassisches Beispiel für eine bedürfnisorientierte Verhandlungsstrategie ist das Hardvard-Prinzip.
Pflüget ein Neues … bis er kommt und Gerechtigkeit über euch regnen lässt! Oft können wir nur den Boden bereiten – Erfolg und Mißerfolg hängen nicht alleine von uns ab. So unverfügbar wie der Regen ist auch Gottes Handeln. Das ist manchmal herausfordernd, aber auch entlastend. Wenn wir das unsere getan haben, liegt der Rest in seiner Hand.
Das alles hat viel mit Vorleistung, Mut und Gottvertrauen zu tun. Hosea ermutigt mich, nicht einfach abzuwarten, sondern aktiv in gute Beziehungen zu investieren: Sät Gerechtigkeit. Wir selbst sind die einzigen, die für unsere Beziehungen Verantwortung übernehmen können.
Es grüßt Sie herzlich
Pfr. Stefan Hradetzky